Donnerklang & Wirbelwind

Unter der Überschrift «Paukist!» schrieb der Basler Schriftsteller Urs Widmer in seiner einzigartigen Mischung aus Ironie und Melancholie eine kurze Parabel über die Tragik von verpassten Chancen: «Deine Einsätze sind selten, aber eine ruhige Kugel schiebst du nur im Opernorchester, da sehen nur die billigen Zuschauer in den Orchestergraben hinab und bemerken deine Auf- und Abtritte. Sie ahnen, daß du hinter der Bühne sitzt und mit dem Feuerwehrmann Feuerwasser trinkst. Du hast alle Opern von Wagner und Humperdinck im Ohr und bist immer zehn Sekunden vor deinem Paukenschlag am Pult. Einmal fiel ein Gastdirigent, als er dir den Einsatz geben wollte mit einem innigen Blick und dein leeres Pult sah, in Ohnmacht und in deine Pauke, und sein Paukenschlag war genau richtig. Ratlos standest du neben Pauke und Furtwängler, und das Orchester brachte den Rest des letzen Akts allein über die Runden, d.h. ein junger Cellist sprang ans Pult und dirigierte wie ein Gott. Du lagst die ganze Nacht wach im Bett und dachtest, warum bin nicht ich ans Pult gesprungen, Mann, so eine Schangs kriegst du nie mehr, und so war es dann auch.»

Anders als in der Oper bleiben die Paukist*innen während der Sinfoniekonzerte für gewöhnlich auf der Bühne sitzen. Und so dürfte Lena-Lisa Wüstendörfer, die beim Familienkonzert mit dem Swiss Orchestra die Stabführung übernimmt, nicht Gefahr laufen, ein leeres Paukenpult vorzufinden und vor Schreck in Ohnmacht zu fallen. Das ist auch gut so, denn Lena-Lisa wird dirigierend und die Paukist*innen paukend gebraucht (auch wenn ihnen dadurch vielleicht eine grosse Dirigierkarriere verwehrt bleibt). Aber auch so stehen die Perkussionist*innen im Konzert «Donnerklang & Wirbelwind» im Zentrum des Geschehens: Unterstützt vom Schlagzeugensemble Uri, das 2002 von Christoph Gautschi gegründet wurde und das sich aus aktiven sowie ehemaligen Schlagzeugschüler*innen der Musikschule Uri zusammensetzt, präsentieren sie ihr vielfältiges Instrumentarium. Klar ist nur eins: Hier geht’s nicht nur um Krach, sondern auch um zarte Melodien, mächtige Klänge, leise Rhythmen und ganz viel Spass. Grosse und kleine Ohren sind eingeladen, das Orchester mal von seiner perkussiven Seite kennenzulernen – zum Staunen, Mitfühlen und auch ein bisschen zum Mitmachen. Was genau passiert? Wir verraten’s noch nicht – nur so viel: Es wird wirbeln. Und donnern. Und garantiert nicht langweilig!